Mit dem U-Boot hat der Mensch die Dimension der Tiefe hinzugewonnen. Das Reich des Fliegers ist gänzlich verschieden von dem des U-Boot-Fahrers - aber mit beiden, mit Flugzeug und Unterseeboot, versucht die Menschheit, aus den Grenzen ihres Verhaftenseins mit der Erde auszubrechen. Auf jedem Schiff, auch noch auf dem geringsten Heringskolcher, dem winzigsten Beiboot liegt ein Abglanz vom Wunder der Seefahrt; der Behauptung des Menschen gegenüber einem Element, in dem er nicht heimisch ist. Das Unterseeboot aber ist das tüchtigste unter allen Schiffen. Das U-Boot hat der Bedrohung durch die See den uralten Schrecken genommen, es kann in ihre Tiefe eindringen, ohne von ihr vernichtet zu werden.
Normale Schiffe erfüllen ihr Leben an der Oberfläche des Wassers. Das Wasser, das sie mit ihren dicken Bäuchen verdrängen, gibt ihnen Auftrieb. Wenn er zunichte wird, verschwinden sie von der Oberfläche und werden von der Tiefe hinabgerissen. Ein Schiff, das seinen Auftrieb ver- liert, kann ihn nicht wiedergewinnen. Es wird aus der Liste der lebenden Schiffe gestrichen; gesunken, verschollen.
Der Moment des Versinkens in der Tiefe ist der gefürchteste im Leben der Seefahrer, er bedeutet Tod für Schiff und Besatzung. Für den U-Boot-Fahrer aber ist das Sinken in die Tiefe normale Seemannschaft.
Der Faszination, die von dem U-Boot als solchem, dem Nimbus, der von der ganzen U-Boot-Waffe ausgeht, steht die grausige Wirklichkeit gegenüber: Seine Unsichtbarkeit macht das U-Boot tückisch. Seine Torpedos sind eine Art Minen mit Eigenantrieb. Fast immer ist es Absicht des Kommandanten, einen im Augenblick des Angriffs ahnungslosen Gegner zu treffen.
Lothar-Günther Buchheim, Auszüge aus dem Vorwort zu seinem Buch “U-BOOT-KRIEG” R. Piper & Co Verlag GmbH, Zürich ISBN 3-492-02733-4
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